Aufgrund der Umsetzungspflicht der EU-WEEE-Richtlinie1) in nationales Recht bis 14. Februar 2014, entwickeln die EU-Länder notwendige Gesetzesgrundlagen, Infrastrukturen und Technologien für die Sammlung (85 %) und Wiederverwertung (80 %) von Solarmodulen (Solarmodulstoffströme), die seit in Kraft treten der Direktive als Elektroschrott deklariert werden. Allerdings sind sämtliche EU-Länder, Deutschland eingeschlossen, mit der nationalen gesetzlichen Regelung zeitlich in Verzug. Bisher trat lediglich in Großbritannien am ersten Januar 2014 ein nationales Recht in Kraft. Eine Sprecherin des Bundesumweltministeriums äußert dazu: „Die Richtlinie 2012/19/EU über Elektro- und Elektronik-Altgeräte (WEEE-Richtlinie) ist bis zum 14. Februar 2014 in nationales Recht umzusetzen. Aufgrund der Bundestagswahlen und den sich daraus ergebenden Auswirkungen auf das Gesetzgebungsverfahren wird dieser Prozess in Deutschland zu diesem Zeitpunkt nicht abgeschlossen sein. Das Bundesministerium wird einen Entwurf zur Umsetzung der WEEE-Richtlinie durch eine Änderung des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes (ElektroG) vorlegen. Dieser muss dann das formale Gesetzgebungsverfahren durchlaufen und bei der Kommission technisch notifiziert werden, sodass mit dem Inkrafttreten des geänderten ElektroG frühestens Ende 2014 zu rechnen ist.“ Für Deutschland bleibt daher weiterhin offen, ob Solarmodule als sechste und eigene Sammelgruppe gelten werden, wieviele Sammelstellen/Landkreis definiert werden und ob hochwertiges Recycling gesetzlich gefördert werden wird.
Fall |
Größe/Anzahl |
Empfehlung |
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Kleinmodul |
Einzelexemplar |
Händler |
Dachanlage o.ä. |
Installateur |
Gewerbliche Rücknahme |
Großanlage |
Installateur; |
Gewerbliche Rücknahme |
Freifeldanlage |
Installateur; |
Gewerbliche Rücknahme |
Solarzellentyp |
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Kristallines Silizium |
mono-, multikristallin, foliengezogen |
Dünnschichtsolarzellen |
amorphes Si, CdTe, CIS, andere |
Modulaufbau |
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Frontseite |
Glas, Acrylat, PC, PET, Tefzel, andere |
Rückseite |
TPT, TAT, Glas, Stahl, Acrylate, PC, andere |
Verbundmaterial |
EVA, PVB, PU, Acrylate, Silikone, andere |
Rahmung |
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Metalle |
Alluminium, Stähle |
Kunsstoffe |
PC, PU, PET, andere |
Rahmenlos |
- |
WEEE-Richtlinie
Laut der 2012 novellierten EU-WEEE-Richtlinie müssen Solarmodule aus privater Anwendung (B2C) und gewerblicher Anwendung (B2B) kostenlos gesammelt und einer Weiterbehandlung (Recycling) zugeführt werden. Die Kosten muss der Hersteller tragen, der dabei die Möglichkeit hat, sich an einem kollektiven Sammelsystem zu beteiligen (PV Cycle) oder eine individuelle Lösung anwenden kann. Angaben über bereits 2020 zu recycelnde Modulmengen belaufen sich je nach Quelle auf 18 bis 35.000 Tonnen. Das entspricht einem Rücklauf von fast zwei Millionen Modulen, äußert Karsten Wambach von Wambach-Consulting. Der Großteil der in Deutschland installierten Module, rund 35 GW, erfolgte in den vergangenen vier Jahren, mit einer Lebenszeit von noch rund 20 Jahren. „Ein Recycling-Werk arbeitet bei heutigem Stand der Technik erst ab 20.000 Tonnen im Jahr rentabel“, sagt Karsten Wambach. Und diese Rechnung gehe nur bei den gegenwärtigen Energie- und Rohstoffpreisen auf. Hinsichtlich der Planungssicherheit und Wirtschaftlichkeit dieser Unternehmen fehlt es in Deutschland an Steuerungskomponenten, die diese Aspekte fördern. Aber auch Technologien für die Rückgewinnung von in solchen Modulen enthaltenen Rohstoffen wie Silizium, Indium und Tellur fehlen in Deutschland noch weitgehend.
Solarmodulrecycling
Für das Recycling von Solarmodulen sind deren Sammlung und Transport zu den Weiterverwertern wesentlich. Sammelstrukturen sind aufgrund der Aktivitäten der Industrieverbände PV Cycle und CERES (bis Herbst 2013) in der EU bereits flächendeckend im Aufbau und werden ständig erweitert. Erfüllt ist die WEEE-Richtlinie dann, wenn die gesammelten Module recycelt werden. Die in Deutschland aktiven vielfältigen Recyclingbetriebe konzentrieren sich bisher vor allem auf die Wiederverwertung von Glas und Rahmen (Aluminium), wobei bisher Glas nicht hochrein rückgewonnen werden kann und in den Glasströmen Sondermetalle verloren gehen. Dass hochwertiges Recycling, welches auch die enthaltenen Sondermetalle umfasst, ökologisch sinnvoll ist, haben Studien längst bewiesen. Jedoch schreibt die WEEE-Richtlinie „nur“ eine 80 %ige Behandlung der Module vor. Mit der Verwertung von Glas und Rahmen wird diese bereits erfüllt. Hochwertiges Recycling wird lediglich in einer unverbindlichen Passage der Richtlinie als „sinnvoll“ bezeichnet. „Es ist zu begrüßen, dass es Unternehmer gibt, die sich dafür engagieren“ sagt Dr. Karsten Wambach. Das entspreche auch dem Ziel der Ressourcenschonung der EU und der Deutschen Bundesregierung. Diese hätte die Möglichkeit, im Rahmen des aktuell erwarteten Referentenentwurfs das hochwertige Recycling zu fördern. Aktuell befinden sich solche Anlagen im Aufbau und sind wirtschaftlich mit Risiken verbunden, weil deren Auslastung nicht planungssicher ist und die Betreiber preislich im Wettbewerb mit den herkömmlichen Recyclingunternehmen stehen. Das aktuell in Änderung befindliche ElektroG stellt einen wesentlichen Planungsaspekt dar. Ursprünglich sollte die vertragliche Grundlastsicherung deutscher Anlagen mit Produktionsabfällen von Herstellern erfolgen. Davon ausgehend sollte die Anlagenkapazität sukzessive ausgebaut werden, erläutert Dr. Wambach. Wegen der Verlagerung der Modulproduktion nach Asien entfällt diese Grundlastsicherung deutscher Anlagen jedoch weitgehend. „Mit guten Voraussetzungen ist das dennoch machbar“ sagt der Experte, die Anlagenbetreibung sei aus unternehmerischer Sicht eine Frage der Abschätzung der Rahmenbedingungen und der zu erwartenden Durchsatzmengen pro Anlage. Die Politik sei gefordert, konkrete Richtlinien und Anreize zu definieren, wenn Deutschland technologischer Kompetenzstandort für die Wiedergewinnung wertvoller Rohstoffe wie Silizium, Indium, Tellur und Silber werden soll. Die konkrete Festlegung von Ausschreibungen bei der Vergabe von Modul-Tonnagen könnte, wie das bereits beim Batterierecycling gehandhabt wird, die Planungssicherheit der Firmen erhöhen. Auch Pfandsysteme oder die Verbindung der Recyclingqualität mit CO2-Zertifikaten könnten Anreize für hochwertiges Recycling darstellen, die dessen Wirtschaftlichkeit über den Preiswettbewerb der Branche und über Rohstoffpreise hinaus sichern. „In diesem sehr dynamischen und noch mit vielen Fragezeichen gekennzeichneten Marktgefüge kann es passieren“, sagt Dr. Karsten Wambach, „dass der nationale Gesetzgeber unter Aufnahme von Hinweisen der Solarindustrie und von Entsorgern auch Anforderungen über die bekannte, neue europäische WEEE-Richtlinie hinaus stellt“.
Struktur und Überwachung der Solarmodulstoffströme
Wambach erläutert anhand der bisherigen Struktur der Handhabung von Elektrogeräten die künftigen (erwarteten) Rahmenbedingungen der Solarmodulstoffströme. Demnach überwacht das EAR (Elektroaltgeräteregister) im Rahmen des Elektrogerätegesetzes unter dem nach der aktuellen WEEE-Novelle ab Februar 2014 auch Solarmodule als Elektroschrott behandelt werden müssen, deren Stoffströme. Hersteller, die Module auf den Markt bringen, müssen sich bei der EAR registrieren lassen und die Verkaufsmengen künftig regelmäßig melden. Das EAR ordnet gemäß dem Marktanteil der Hersteller für die in den Verkehr gebrachten Solarmodule, Abholaufträge von der Sammelstelle für Geräteabfälle zum Verwerter an. Diese müssen vom Hersteller innerhalb von vier Tagen abgewickelt werden. Die Abholaufträge richten sich nach dem Anteil des Herstellers an der gesamten im jeweiligen Kalenderjahr in Verkehr gebrachten Mengen an Elektro- und Elektronikgeräten pro Geräteart (ElektroG § 14 Abs. 5 Nr. 2). Die Kosten für die Abholung und die Entsorgung trägt der Hersteller. Auch geeignete Dienstleister und zugelassene Transporteure können eingebunden werden. Die Verwerter melden die Mengen und Verwertungsquoten ebenfalls an die EAR. Die Richtlinie schreibt vor, dass Endkunden die Module nach der Nutzung einer geeigneten Sammelstelle zuführen müssen. Diese Abgabe ist für den Endkunden kostenlos, Hersteller hinterlegen dafür eine konkrete Summe, die insolvenzsicher angelegt werden muss. Die Höhe der notwendigen Rückstellungen für die Entsorgung der Solarmodule ergibt sich über die Gebührenordnung der EAR, die Sammel- und Transportkosten sowie Kosten für die Verwertung der Module. Der Annahmepreis für eine Tonne Solarmodule beim Recycler beläuft sich momentan auf ca. 70–80 Euro. „Das Preisgefüge kann sich jedoch im Zuge der Entwicklung dieser gesamten Sammel- und Recyclinginfrastruktur verändern“, kommentiert Dr. Wambach. „Pioniere müssen unternehmerisch sehr vorsichtig agieren“, sagt er. Aktuell gilt es die Organisationslücke der Zuweisung von Modulen an Recycler zu schließen und deren Auslastung planbarer zu machen. Der volatile Markt werde von Auflagen bei Einspeisevergütungen, von Versicherungen, sich verändernden rechtlichen Rahmenbedingungen (EEG, bisher auch Conto Energia), einer aktuell noch geringen Investitionsbereitschaft in hochwertige Recyclinglösungen, den Rohstoffpreisen, sowie von Andienungs- und Rückstellungspflichten beeinflusst.
- Industrieverband PV CYCLE (herstellerinitiiert)
- Entsorgung eigener Systeme der Hersteller im Rahmen ihrer E-Schrott-Aktivitäten
- E-Schrott Dienstleister
- Recycler
- Logistikunternehmen
- Kommunale Sammelstellen
Beteiligte Akteure PV-Sammelinfrastruktur
Offene Fragen zur Schließung von Organisationslücken
- Definition der Module und der Sammlung
- Detaillierung der Sammlung bei kommunalen Stellen
- Optierungsrecht der Kommunen
- Hol- oder Bringsysteme
- Verpflichtungen des Handels
Sammlung
- Promotion der Wiederverwendung
- Spezielle Anforderungen an die Behandlung
- Zertifizierung der Behandungsstellen
- Ressourceneffizienz der Rückgewinnung
Abfallbehandlung
- Abfallströme durch hohen Wettbewerb und „Bemusterungen“ schon heute hochdispers
- Keine separate Sammlung von PV
- Geringe Abfallmengen rechtfertigen derzeit kaum Neuinvestitionen
- Gesetzgeber bietet derzeit kaum Anreize für hochwertige Recyclinglösungen
Heutige Situation PV-Modul-Recycling
- Separate Sammlung der Module
- ggf. Typentrennung? (nach Schulung)
- Zu vermeiden sind alle unnötigen Folgeschäden durch unsachgemäße Lagerung
- Laminate auch mit gebrochenen Frontglasscheiben nicht weiter knicken oder zerschlagen
- Vermeidung von Bruch der eingebetteten Zellen
- Module plan stapeln
- Dosen und Rahmen müssen nicht entfernt werden
- Transport und Lagerung der Module z.B. mittels standardisierter Verpackungsmittel wie Holz- oder Pappkisten; Einweg- oder Europaletten (auch im Paletten-Tauschverfahren); ausrangierte oder Einweggestelle
- Staplergängige Verpackung, z.B. in Containern
Anforderungen an Sammelstellen verdeutlichen den Sinn der separaten Sammlung
PV Cycle
Der 2007 als non-Profit-Organisation gegründete Industrieverband PV Cycle mit Sitz in Brüssel und Länderniederlassungen in der EU ist das erste und seit der Übernahme des französischen Unternehmens CERES im September 2013 heute führende Rücknahme- und Recyclingprogramm für alle kommerziell erhältlichen PV-Technologien in Europa, das rund 90 Prozent des Marktes abdeckt. Diese Vorreiterrolle werde auch in der Zukunft wesentlich sein, kommentiert die PV Cycle Unternehmenssprecherin Alina Lange, wenn, auf Grund der gesetzlichen Entsorgungsverpflichtung, andere Marktteilnehmer Interesse am PV-Abfallmanagement bekommen werden. Es wird davon ausgegangen, dass mit in Kraft treten der nationalen Ländergesetzte ein Wettbewerb unter den Dienstleistern entsteht. Auf die Frage, welche Bedeutung hochwertiges Recycling für PV Cycle hat, antwortet Frau Lange: „Als führendes Rücknahme- und Recyclingprogramm begrüßen wir Neuinvestitionen und die Weiterentwicklung im Bereich PV-Modulrecycling.“ Daran sei PV Cycle proaktiv beteiligt. Eine der Aufgaben von PV Cycle ist die Mitgestaltung der Höhe der zu hinterlegenden Summen für in Verkehr gebrachte Module durch die Hersteller. „Das sei, angesichts der Internationalität der Hersteller eine wesentliche und umfangreiche Aufgabe“, sagt der Country Manager Deutschland Andreas Hess im Gespräch in München. Mit den von PV Cycle stetig erweiterten Sammelstrukturen wurden seiner Angabe nach bereits rund 8.000 Tonnen Solarmodule in der EU gesammelt und bearbeitet. Rund 4.000 Tonnen davon allein in Deutschland. Neben weiteren Sammelstellen werden auch weitere Länderniederlassungen folgen. Ab in Kraft treten der nationalen WEEE-Auslegungen mit weiteren Dienstleistern steht PV Cycle preislich im Wettbewerb mit anderen Dienstleistern. Mit rund 35 GW ist Deutschland neben Italien, Frankreich, Spanien und dem Vereinten Königreich sowie der Tschechischen Republik ein strategisch wichtiges Land. Inzwischen wurden hier über 100 Sammelstellen aufgebaut.
Ressourceneffizienz Projekt Essenz r3 – Definition und Messung von Ressourceneffizienz (Laufzeit 2012–2015)
Um Techniken der Rohstoffrückgewinnung zukünftig hinsichtlich ihrer Ressourceneffizienz vergleichen zu können, wird innerhalb des vom BMBF geförderten Forschungsprojekt Essenz an der TU Berlin (Fachgebiet Sustainable Engineering) vom Team um Prof. Dr. Matthias Finkbeiner, eine Methode entwickelt, die zukünftig die nachhaltige Messung von Ressourceneffizienz ermöglicht. Diese integrierte Essenz-Methode bewertet ganzheitlich, neben den Umweltauswirkungen von Rückgewinnungstechnologien auch deren Auswirkungen auf die Ressourcenverfügbarkeit. Letzteres ist vor allem für kritische bzw. strategische Materialien wie z.B. seltene Erden von Bedeutung. Die Essenz-Methode wird branchenübergreifend anwendbar sein und die Ressourceneffizienz von Produkten über deren gesamten Lebensweg beurteilen. Bezogen auf Solarmodule können deren Produktbestandteile wie Glas, Aluminium, Silicium, Kunststoffe etc. über verschiedene ökonomische Indikatoren wie z.B. Handelshemmnisse oder auch der Recyclingfähigkeit eines Materials und über ökologische Indikatoren, wie z.B. dem Treibhausgaspotential wie auch hinsichtlich ihrer Ressourceneffizienz bewertet werden. Basierend auf diesen Ergebnissen können dann gezielt effiziente Recyclingstrategien entwickelt werden. „Für die Produktgruppe Solarmodule wird sich sicherlich dann die Recyclingstruktur stärker an den kritischen Rohstoffen orientieren, sprich eher an der Rückgewinnung des enthaltenen Siliciums, als nur an der Rückgewinnung von Glas und Aluminium. Zur Zeit befindet sich die Essenz-Methode noch in der Entwicklung. Deshalb können ohne vollständige Studienergebnisse die konkreten Auswirkung auf die Recyclingstrukturen und -strategien von Solarmodulen noch nicht vollständig abgeschätzt werden“ kommentieren Prof. Finkbeiner und seine Projektmitarbeiterin Vanessa Bach. Diese konsistente Quantifizierungsmethode schließt damit die Lücke der bisher fehlenden eindeutigen Definition dessen, was unter Ressourceneffizienz konkret verstanden wird und wie diese gemessen werden kann. Beides hängt von der Bestimmung des Ressourcenbegriffes selber als auch von den formulierten und angewendeten Indikatoren ab.
Ziele des Essenz-Projektes
Entwicklung von Indikatoren bzw. Sets von Indikatoren für Ressourceneffizienz, die sowohl
- ökologische als auch sozioökonomische Schutzgüter adressieren,
- wissenschaftlich konsistent als auch praktisch umsetzbar sind und
- branchenübergreifend wirksam als auch von allen Anspruchsgruppen akzeptiert sind.
Zielwertstoffe: Metalle, fossile Brennstoffe, nachwachsende Rohstoffe.
Projektpartner: Koordination TU Berlin; Daimler AG, Evonik AG, Siemens AG und Thyssen Krupp Steel Europe AG, das Deutsche Kupfer-Institut e.V. und das mittelständische Unternehmen Knauer GmbH.
Hochwertige Recyclingtechnologien in Deutschland – Hauptakteure sind nicht die Modulhersteller
Insgesamt betrachtet sind Solarmodule gefragte Produkte auf dem Entsorgungs- und Recyclingmarkt. Bisher allerdings vorwiegend aufgrund des hohen Glas- und Aluminium-Anteils. Anlagen für das hochwertige, also auch Sondermetalle wie Silizium, Tellur und Indium rückgewinnende Anlangen sind bereits vereinzelt in Betrieb, befinden sich in der Pilot- oder fortgeschrittenen Laborphase. Neben Modulherstellern sind vorwiegend herkömmliche Glas- und Aluminiumentsorger in diesem Marktsegment aktiv, die aktuell, so kommentiert Dr. Wambach, eine 90 %ige Recyclingquote von Solarmodulen durch das Glas- und Metallrecycling erreichen. Aufgrund von Verunreinigungen der Glasabfälle resultiert kein hochreines Solarglas, auch gehen Sondermetalle bisher in den Glasströmen verloren. Neue Anlagentechnologien für das hochwertige Recycling von Solarmodulen funktionieren auf einer technologischen Basis, die langfristig auch andere, Verbundmaterialien enthaltende Produktkategorien, wie z.B. LCD-Bildschirme und OPV, verarbeiten können. Der Modulhersteller Solar World verfügt über eine technologische Recyclinganlage (ehemals Sunicon, heute Deutsche Solar), mit der Silizium hochrein wiedergewonnen werden kann. First Solar betreibt eine eigene Recyclinganlage für Cadmiumtellurid (CdTe)-Dünnschichtmodule.
Lobbe Industrieservice GmbH & Co. KG
Neue Technologien könnten auch das hochreine Glasrecycling möglich machen.
Die Lobbe Industrieservice GmbH & Co. KG hat ein Verfahren in EU-Patentierung, mit dem hochwertiges Solarmodulrecycling und das Recycling von weiteren Verbundmaterialien wie z.B. LCD-Bildschirmen wirtschaftlich möglich werden soll. Das Konzept erhielt im November 2012 den Zukunftspreis der Zukunftsstiftung Südraum Leipzig. „Das Verfahren an sich basiert auf kryotechnologischen Prozessen, wie sie bereits etabliert im Lebensmittelbereich Verwendung finden (Schockgefrieren). Eine Versuchsanlage hat die Funktion des Verfahrens bestätigt, das allerdings rund 20 bis 30 Prozent mehr Energie erfordert, als die Mikrowellentechnologie. Deshalb und aufgrund der aktuell niederen Rohstoffpreise liegt dieses Vorhaben aktuell auf Eis“ sagt einer der Lobbe-Geschäftsführer Dr. Ing. Eisermann. Das Kryoverfahren bietet seiner Beschreibung nach den Vorteil, dass Sandwichschichten sauber voneinander getrennt werden können. Das gilt auch für die Trennung von Glas von Folienbestandteilen und der sauberen Aufsprengung von Wafern. Die Silberrückgewinnung ist dabei das Hauptinteresse. Auch Tellur und Indium sollen mit diesem Verfahren rückgewonnen werden.
Accurec Recycling GmbH
Die 1995 gegründete Firma Accurec Recycling GmbH und das IME/RWTH Aachen erhielten im November 2012 den Deutschen Rohstoffeffizienzpreis als eines von vier besonders herausragenden Unternehmensbeispielen für rohstoff- und materialeffizienten Produkte, Prozesse oder Dienstleistungen des Bundeswirtschaftsministeriums.
Accurec will mit einer in Deutschland betriebenen Anlage in der Lage sein, sämtliche in Solarmodulen und vielen anderen speiziellen Elektronikgeräten enthaltenen Sondermetalle rückgewinnen zu können. „Accurec GmbH ist ein inhabergeführtes, mittelständisches Recyclingunternehmen, das sich neben seinem Kerngeschäft – dem Recycling von Batterien – nun auch auf die Wiederverwertung von zunächst kristallinen Silizium-Solarmodulen konzentriert. Die Anlage ist entwickelt, befindet sich in der Endphase der Fertigung und wird auf dem neuen Firmensitz im Krefelde-Uerdingen betrieben werden. Planungs- und Baumaßnahmen sind im Gange. Zwischenzeitlich wird die Anlage am Recyclingstandort Mülheim getestet. „Wir rechnen mit dem Betriebsbeginn der Anlage Ende 2014 und einer moderaten wirtschaftlichen Anlaufkurve bei einer jährlichen Kapazität von zunächst 4.000 Tonnen PV-Modulen. Konkrete Prognosen, wann wie viele Module rücklaufen werden, gibt es aktuell nicht zuverlässig. Man rechnet damit, dass es Ausschreibungen und Vergabeprozeduren für Tonnagen geben wird, – ähnlich wie das im Batterierecycling gehandhabt wird – die die Zuführung der Tonnagen Solarmodulelektroschrott zu Verarbeitungsanlagen regeln werden. Wir halten diesen Wirtschaftszweig für einen Markt mit Potenzial, der jedoch mittelfristig eher eine Entsorgungsnische bleiben wird. Auch wirtschaftlich bleibt diese Nische eher schwierig, da wir letztendlich mit den Deponiekosten konkurrieren müssen. Wieviel preiswerter unser hochwertiges Recycling sein wird, sollte nach einem halben Jahr Probebetrieb und den entsprechenden Optimierungen deutlich werden“, sagt einer der Accurec Geschäftsführer Dr. Ing. Albrecht Melber. Die neue Solarmodulrecycling-Anlage von Accurec wird alle in Modulen enthaltenen Rohstoffe wiedergewinnen können, also über das Glas und die Metallrahmen hinaus auch Sondermetalle wie z.B. Kupfer, Silizium, etc.. Zunächst möchte man sich auf das wirtschaftliche Recycling von Silizium-basierten Modulen konzentrieren. Langfristig, „darunter sind ca. drei Jahre zu verstehen“, sagt Albrecht Melber, sollen auch Dünnschichtmodule und Verbundmaterialien dazukommen. Das Unternehmen ist u.a. in das von der TU Berlin im Rahmen des Essenz-Projekts koordinierte Forschungsprojekt „PhotoRec“ zur Entwicklung eines innovativen Verfahrensansatzes, zur Rückgewinnung von strategischen Metallen, der einen substantiellen Beitrag zur Sicherung der Rohstoffversorgung der (deutschen) Solarindustrie leisten soll, und langfristig die Rückgewinnung und Kreislaufwirtschaft von rund 90 Prozent der in solchen Modulen verwendeten Halbleitermetalle wiedergewinnen können soll, involviert. „Die ersten Laborergebnisse sind positiv“, sagt Albrecht Melber, „es ist also keine Frage der Technologie, dass so etwas möglich ist, sondern eine Frage, wie man ein solches Verfahren wirtschaftlich skalieren kann.“ Ansprechpartner seitens Accurec für das PhotoRec-Projekt ist sein Partner, der zweite Accurec-Geschäftsführer Dr. Reiner Weyhe.
Fußnoten
1) 2012 novellierte Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte (engl.: Waste Electrical and electronic Equipment Directive)
Weitere Informationen
- Projekt Essenz r3 TU Berlin Institut für Technischen Umweltschutz Fakultät III Prozesswissenschaften (033R094):
www.r3-innovation.de/de/15427 - IME Metallurgische Prozesstechnik u. Metallrecycling der RWTH Aachen:
www.metallurgie.rwth-aachen.de
E-Mail: bfriedriech@ime-aachen.de - Dr. Karsten Wambach-Consulting:
wambach@wambach-consulting.com - PV Cycle: www.pvcycle.org/de
- bifa Umweltinstitut:
Studie Ökoeffizienz von Solarmodulen Nov. 2013:
www.recyclingportal.eu/ artikel/31813.shtml
Elke Kuehnle
Journalistin, Umwelt-, Organisationspsychologin M.A., München
elke.kuehnle@gmail.com