Dieser Beitrag schildert Ergebnisse aus Recherchen zu Brandfällen und brandrelevanten Schadensfällen in PV-Anlagen. Es wurde etwa 210 Brand- und Überhitzungsfälle ausgewertet. Als hauptsächliche Fehlerursachen wurden zu etwa gleichen Teilen Produktfehler und Installationsfehler gefunden. Die Fehlerorte verteilen sich einigermaßen gleichmäßig auf alle verwendeten Komponenten. Erstaunlich viele Fehler traten in der konventionellen Wechselspannungs-Installation auf. Auf der Gleichspannungsseite wurde relativ häufig Kontaktproblem in bauseits errichteten Steckverbindungen und in DC-Schaltern gefunden. Gebäudeintegrierte Anlagen zeigen gegenüber „Auf-Dach“ Anlagen eine 20-fach höhere Häufigkeit von Gebäudeschäden. Eine fachgerechte Erstprüfung und regelmäßige Inspektionen unter Einsatz einer Thermografie-Kamera reduzieren die Wahrscheinlichkeit eines Brandes erheblich.
Komponente beschädigt |
59 |
PV-Anlage beschädigt |
75 |
Gebäude beschädigt |
67 |
Gebäude abgebrannt |
12 |
Einführung
Im Rahmen eines vom Bundes-Umweltministerium (BMU) geförderten Projektes hat das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) zusammen mit anderen namhaften Partnern wie dem TÜV Rheinland Brand- und Überhitzungsfälle in PV-Anlagen recherchiert [1]. Die im Folgenden präsentierten Auswertungen spiegeln den Stand von Januar 2013 wieder. Zur Bewertung der gefunden Schadenszahlen ist anzumerken, dass es sich nicht um eine umfassende Erhebung handelt, aber vermutlich die derzeit beste Zusammenstellung darstellt.
Folgende Liste gibt eine Übersicht über die ausgewerteten Schadensfälle. Zu diesem Zeitpunkt gab es in Deutschland ca. 1,3 Mio. PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von über 30 GWp. Wir fanden folgende Schäden:
- ca. 430 Fälle von Brand- und Hitzeschäden in PV-Anlagen
- davon etwa 220 Fälle mit externer Brandursache
- etwa 210 Fälle mit Brandursache in der PV-Anlage
Uns ist bewusst, dass es bei den PV-Modulen viel mehr Fälle von lokaler Überhitzung gab (siehe unten). Mehrere Modulhersteller hatten Qualitätsprobleme und führten deswegen umfangreiche Austauschaktionen durch. Nur wenige dieser Fälle sind in den folgenden Auswertungen erfasst.
Schadenfallanalysen
Die ca. 200 Schadensfälle mit Ursache in der PV-Anlage wurden weiter ausgewertet. Tabelle 1 schlüsselt diese Fälle nach ihrer Schadenshöhe auf und Bild 1 verdeutlicht diese Zahlen.
Die 210 Fälle wurden, soweit es die Informationslage zuließ, tiefer analysiert. Dabei interessierten uns folgende Zusammenhänge:
- Anlagentyp
- Höhe des Schadens, Auswirkung auf die Umgebung
- Fehlerursache
- Komponente, die Brand auslöste
- Anlagenalter
Diese Aspekte werden anhand von Auswertungsgrafiken im Folgenden dargestellt.
Eine generelle Beobachtung zeigt, dass die Zerstörungskraft eines Lichtbogens stark zunimmt, wenn sich ein Serienlichtbogen in einen Parallellichtbogen entwickelt, wenn beispielsweise der Lichtbogen aus einem Strang ein Strangleitungsbündel erreicht. Der Parallellichtbogen hat aufgrund der Lorentzkraft die Tendenz, sich von den PV-Modulen weg zu bewegen und treibt dadurch die Brandgefahr in Richtung Wechselrichter.
Einfluss des Anlagentyps auf die Schadenshäufigkeit
Bild 2 zeigt wie häufig welcher Anlagentyp, also welche Montageart, von Schadensfällen betroffen war.
Diese Verteilung entspricht grob den vom Bundesverband Solarwirtschaft BSW geschätzten Marktanteilen mit etwa 70 % Kapazität auf Gebäuden und knapp 30% im Freiland. Weniger als ein Prozent der Kapazität wird als gebäudeintegrierte Anlage (Indach) ausgeführt. Zur Schadensstatistik tragen Anlagen mit gebäudeintegrierten Modulen allerdings zu ca. 10% bei. Bezogen auf die Fälle, wo Gebäude beschädigt wurden, ragen gebäudeintegrierte Anlagen noch deutlicher hervor. Bild 3 zeigt eine Auswertung der Fälle, bei denen ein Gebäude beschädigt oder zerstört wurde, und eine Information über die Montageart des PV-Generators gegeben war.
Bei einem Anteil von geschätzt 1% an der installierten Kapazität beträgt der Anteil der Indach-Anlagen bei den beschädigten Gebäuden etwa 20% ! Dies lässt sich damit erklären, dass die Schutzwirkung der „harten Bedachung“ der typischen Ziegeldächer entfällt: Wenn eine Überhitzung oder ein Lichtbogen in der PV-Anlage auftritt, ist die Zündquelle bei Indach-Anlagen schon im Gebäude! Das heißt im Umkehrschluss, dass dachintegrierte Anlagen mit besonders hoher Umsicht geplant und errichtet werden müssen. Technische Regeln für diese Anwendung gibt es derzeit noch nicht. Der TÜV Rheinland hat jedoch einige Versuche zu Brandentstehung und -ausbreitung durchgeführt und Hinweise für Verbesserungsmaßnahmen erarbeitet [2].
Schadensursache
Was sind die Ursachen für die Brandfälle? Bild 4 gibt die Antwort. In ca. 100 Fällen war eine Ursachenfindung möglich. Installationsfehler und Produktfehler ragen als Ursache gegenüber äußerem Einfluss stark hervor.
„Produktfehler“ betreffen vor allem Module und Wechselrichter. Mehrere Modulhersteller waren bzw. sind von Serienfehlern betroffen. Zum Teil hat es Rückruf- und Austauschaktionen gegeben. Auch Wechselrichter scheinen teilweise serienmäßig ausgefallen zu sein. Fehler mit „Alu-Leitung“ sind als Installations- oder Planungsfehler erfasst. Sie werden der Deutlichkeit halber explizit markiert.
„Planungsfehler“ betreffen einerseits den mechanischen Aufbau mit Fehlern wie:
- zu dicht montierte Module, die durch Zwängung brachen und dabei Lichtbogen zündeten
- Scherkräfte auf Modulanschlussdosen durch zu nahe liegende Montageschienen beschädigten die Dosen und führten zu Lichtbögen
- ungeschützte Montage von Generatoranschlusskästen und Wechselrichtern im Freien mit daraus folgender Temperatur- und Tauwasser-Belastung führte zu Brand der Komponenten
- fehlende Brandschotts bei Gebäudeeinführung von DC-Leitungen – dadurch wurde ein Brand ins Gebäude geleitet und das Gebäude schwer beschädigt
Genauso ist der elektrische Aufbau mit einer Vielzahl von Mängeln betroffen, z.B.:
- ungeeignete Wechselrichter im Außenbereich
- Wechselrichter an ungeeigneter Stelle (direkte Sonnenbestrahlung, korrosive Gase)
- Unterdimensionierung von Kabeln und Leitungen
- unterdimensionierte DC-Hauptschalter
- falsche Sicherungstypen auf der DC-Seite
- Verlustwärme von Sicherungen nicht beachtet
- DC-Leitungen in Generatoranschlusskasten scheuerten an Metallkanten
- ungeeignete Klemmen bei Alu-Leitungen
- nachträgliche Erweiterung des PV-Generators, ohne die Belastbarkeit von Betriebsmitteln zu prüfen
Planungsfehler können einen großen Einfluss auf die möglichen Folgen eines Brandes haben. Wenn der Wechselrichter an einer Betonwand hängt, verursacht ein Lichtbogen am DC-Anschluss nur einen Rußfleck. Hängt er an einem Balken oder auf einer Holzplatte, kann daraus ein Gebäudebrand entstehen. Ebenso großen Einfluss hat die Umgebung des Wechselrichters. Fällt eventuell brennendes Material auf einen Steinboden passiert nichts, fällt es ins Heulager, kann daraus ein Großbrand entstehen. Gutachter schildern hier zum Teil haarsträubende Bausituationen [3], [4], [5]. Anforderungen an Elektroinstallationen in feuergefährdeten Betriebsstätten [6] werden eklatant missachtet.
„Installationsmängel“ sind die häufigste Fehlerursache. Sie sind vermutlich teilweise den schwierigen Installationsbedingungen im Winter geschuldet. Teilweise sind sie aber so massiv, dass man von fehlender Sachkenntnis der Installateure ausgehen muss.
Hier eine Liste mit Fehlern, die Brände ausgelöst haben:
- DC-Stecker schlecht gesteckt
- Stecker schlecht (oder gar nicht) gecrimpt
- nicht angezogene Schraubklemme
- mangelnde Abisolierung von Leitungen mit Klemmung der Leiterisolierung
- unsachgemäße Verarbeitung von Alu-Leitungen (falsche Klemmen, fehlende Drehmomentkontrolle)
- fehlende Zugentlastung von Kabeln (führt zu mechanischer Belastung der Klemmen).
„Äußere Einflüsse“ sind vor allem Tierverbiss, einzelne Blitzschläge und in einem Fall ein Handwerker, der mit zu langen Schrauben das Gleichstromleitungsbündel traf.
„Alu-Leitung“ Fehler sind in den obigen Fehlerkategorien schon mit gezählt. Sie sind in Bild 4 getrennt dargestellt, um die Bedeutung besser zu veranschaulichen.
Fehlerauslösende Komponente
Bei den Diskussionen zur Brandgefährdung durch PV-Anlagen stand bisher die vermeintlich kritischere DC (Gleichstrom)-Seite im Fokus. Wegen der Vielzahl der elektrischen Verbindungen und der Vielzahl der der Witterung ausgesetzten Komponenten und der Selbststabililisierung eines eventuellen Lichtbogens aufgrund der Stromquellencharakteristik der Solarzellen, hielten wir das Brandentstehungsrisiko im PV Generatorbereich für deutlich höher als im Wechselstrombereich.
Die Auswertung bestätigt diese Einschätzung (Bild 5). 63% der Fehler sind der DC-Seite zuzuordnen. Allerdings zeigt sich, dass relativ häufig Fehler auf der AC-Seite eines PV-Systems aufgetreten sind. Dies ist erstaunlich, da auf der AC (Wechselstrom)-Seite die Zahl der Komponenten um mindestens eine 10er Potenz kleiner ist als auf der DC-Seite, bewährte Betriebsmittel mit langer Entwicklungszeit zur Verfügung stehen, die AC-Installation meist in witterungsgeschützten Räumen errichtet wird und jede Elektrofachkraft über eine gute Ausbildung für AC-Installationen verfügt.
Wenn man die Fehler den Komponenten so detailliert wie möglich zuordnet, zeigt sich wie häufig, welche Komponente als Fehlerort gefunden wurde (Bild 6). Achtung: Damit wird der Ort beschrieben, nicht die Ursache!
Angegeben sind die Fehlerorte, die mit der in jedem Einzelfall möglichen Auflösung bestimmt werden konnten. Das heißt, wenn ein Modulschaden gemeldet wurde, wird er dem „Modul“ zugeordnet, Bei Schäden an einer Modulanschlussdose, findet man ihn unter „Anschlussdose“. Um die Gesamtzahl der Fehler z.B. an Modulen zu erhalten, muss man die Fehlerzahlen von „Module“, „Anschlussdosen“ und „Zellverbinder“ zusammen zählen.
Die meisten Fehler treten bei Modulen und Wechselrichtern auf. Dies Ergebnis ist nicht überraschend: Das Modul ist die Komponente, die am zahlreichsten eingesetzt wird und mit dem Wechselrichter ist die komplexeste Komponente betroffen.
Auf der DC-Seite sind die meisten Systemkomponenten mit etwa gleichen Häufigkeiten betroffen. Wenn man „DC-Stecker“ und „Crimpung“ zusammen zählt, ist der „DC-Stecker“ mit 18 Zählungen nach dem Modul die am zweithäufigsten fehlerbehaftete Komponente. Auf der AC-Seite ist die „AC-Klemme“ nach dem Wechselrichter der häufigste Fehlerort. Hier schlagen vor allem Installationsfehler zu Buche.
Fehlerorte im Generatoranschlusskasten und in der AC-Verteilung liessen sich häufig nicht genauer identifizieren. Wir vermuten jedoch, dass in vielen Fällen Verbindungsstellen ursächlich waren. Schadensmeldungen und Aussagen von Sachverständigen deuten darauf hin, dass Schraubklemmen gegenüber anderen Verbindungstechniken ein erhöhtes Risiko haben, eine Überhitzung auszulösen.
Alter der Anlagen
Bild 8 zeigt die Verteilung des Anlagenalters bei Schadenseintritt. Man erkennt eine deutliche Häufung von Schäden im ersten Betriebsjahr.
Teilweise traten Schäden schon in der Bauphase auf. Die hohe Zahl der frühen Schäden spiegelt nach Meinung der Autoren einerseits Komponentenversagen – besonders von Wechselrichtern – wieder, und andererseits die zahlreichen Installationsmängel, die dann nach wenigen Volllast-Wochen zu Bränden führen. Die hohe Zahl von frühen Schäden dürfte teilweise auch auf die schlechten Arbeitsbedingungen bei der Installation zurückzuführen sein. So wurde 2011 nach Zahlen des BMU etwa 40% der neuinstallierten Kapazität im Dezember – wegen der zum Jahreswechsel erfolgenden Absenkung der EEG Vergütung – errichtet, also unter enormem Zeitdruck und widrigen Arbeitsbedingungen.
Bild 8 zeigt die Anzahl der gefundenen Schäden pro Jahr. Man erkennt einen starken Anstieg in den Jahren 2011 – 2012, der mit etwas Verzögerung den starken Zubau in den Jahren 2010 – 2012 von jeweils etwa 7 GWp widerspiegelt.
Aus der Ende 2011 installierten Kapazität von etwa 25 GWp und den 65 Schadensfällen im Jahr 2012 kann man grob eine Häufigkeit von potentiell brandauslösenden Fehlern von 0,3% pro MWp und Jahr abschätzen.
Dies dürfte eine konservative Abschätzung sein, insofern die Installationsfehler des Baubooms von Dezember 2011 dort enthalten sind. Die Zahl der Installationsfehler sollte in „normalen“ Jahren deutlich geringer sein.
Zeitpunkt des Fehlers
Zum Verständnis der Mechanismen, die zum Brand führen, helfen die beiden folgenden Grafiken. Sie zeigen die Abhängigkeit der Fehlerhäufigkeit von der Jahres- bzw. Tageszeit.
In beiden Diagrammen zeigt sich eine starke Abhängigkeit der Fehlerhäufigkeit vom solaren Energiedargebot. Die Fehlerhäufigkeit folgt grob dem Gang der Einstrahlung. Dies ist ein klares Indiz, dass die meisten Fehler strombedingt auftreten, also durch Versagen von Verbindungen bzw. Kontakten und durch Überlastung von Betriebsmitteln. Isolationsfehler spielen demzufolge nur eine geringe Rolle.
Fazit der Schadensanalyse
Photovoltaikanlagen haben ein zwar geringes, aber nicht vernachlässigbares Risiko, einen Brand auszulösen. Module und Wechselrichter sind erwartungsgemäß relativ auffällige Komponenten. Überraschend häufig wurden Fehler bei folgenden Komponenten festgestellt:
- bei DC-Steckern
- in der AC-Verteilung mit allen Komponenten und besonders den Klemmenverbindungen
- mit falscher Verarbeitung von Alu–Leitungen
Hauptursachen für Brände sind „Installationsfehler“ und Wechselrichter-Produktfehler. Alle bauseitig errichteten Verbindungen sind potentiell kritisch. Die auslösenden Fehler sind weit überwiegend Kontaktierungsfehler im Hauptstrompfad, also „serielle Fehler“, und nicht Kurzschlüsse und nicht Isolationsfehler.
In Teil 2, welcher in der nächsten Ausgabe der SONNENENERGIE erscheint, werden einige Fehlermechanismen ausführlicher beleuchtet und illustriert und Möglichkeiten zur weiteren Verringerung des Brandrisikos vorgestellt.
Literatur
[1] www.pv-brandsicherheit.de
[2] F. Reil, Technische Brandrisikominimierung bei Gebäudeintegrierter Photovoltaik (GIPV), Vortrag 2. PV-Brandschutzworkshop, Freiburg, 30.01.2013,
www.pv-brandsicherheit.de/fileadmin/WS_24-01-13/10_Reil__Brandrisikominimierung_bei_BIPV.pdf
[3] L. Erbe, Typische Mängel an Photovoltaikanlagen, Schadenprisma 3/2011; www.schadenprisma.de/pdf/sp_2011_3_4.pdf
[4] Chr. Bendel, Qualitätsmängel in Photovoltaikanlagen, ep Photovoltaik – 3/4-2011
[5] M. Schmitt, Mängel bei der Errichtung von Photovoltaikanlagen, Tagungsband 26. nationales Symposium Photovoltaik, Bad Staffelstein, 2011
[6] „Elektrische Anlagen in feuergefährdeten Betriebsstätten und diesen gleichzustellende Risiken“, VdS 2033, http://vds.de/fileadmin/vds_publikationen/vds_2033_web.pdf
Danksagung
dem Bundeswirtschaftsministerium BMWi für die Förderung des Projektes FKZ: 0325259
Hermann Laukamp und Georg Bopp
Fraunhofer ISE